2006/2007: Medien

Dr. Karin Kneissl: Medien in der arabischen Welt. Von der Hofberichterstattung zum Weblog

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Zusammenfassung

Bis in die 1980er Jahre pflegten die Medien vieler arabischer Länder eine Art „Hofberichterstattung“: Berichte über Spaziergänge des Staatschefs waren Teil des Hauptabendprogramms. Durch neue Technologien hat sich das gravierend geändert.

Via Satellit können ausländische Sender empfangen werden und mit dem Internet ist ein Informationsforum entstanden, das sich der Zensur der Machthaber weitgehend entzieht und Raum für kritischen Diskurs bietet, wo dieser im öffentlichen Raum nicht stattfinden darf. Weblogs sind zugleich wichtige Dokumentationen, vor allem für Krisengebiete, aus denen immer mehr Medien ihre AuslandskorrespondentInnen abziehen. Neue Sender, allen voran Al Jazeera, haben neue Formate, wie z.B. die Talkshow, im arabischen Raum etabliert.

Gleichzeitig nutzen auch islamische und islamistische Gruppierungen die neuen Technologien und propagieren ihre Ideologie auf Web-Seiten ebenso wie in eigenen Fernseh- und Radioprogrammen.

Der Iran als nicht-arabisches Land bietet in der Weblogszene interessante Beispiele für einen Aufbruch in den Medien. Die Referentin ging daher über das gesteckte Thema der Lage der Medien in der arabischen Welt hinaus, indem sie auch über den Iran berichtete.

Jean Asselborn: Erfahrungen eines europäischen Außenministers – Ziele eines europäischen Außenministers

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Zusammenfassung

Die EU ist eine Solidargemeinschaft: Für die innereuropäische Zusammenarbeit ist es wichtig, auf den sozialen Zusammenhalt zu achten. Die gemeinsame Außenpolitik geht vom europäischen Verständnis von Freiheit, Menschenrechten und Demokratie aus und bemüht sich, Probleme in einer multilateralen Welt mit Respekt vor dem internationalen Recht zu lösen.

Am Balkan ist das Konfliktpotential extrem hoch. Ein dauerhafter Friede wird nur möglich sein, wenn für alle Länder eine europäische Perspektive konkretisiert wird. Im Kosovo geht es darum, die Verhandlungen zu unterstützen mit Rücksicht auf die demokratischen Kräfte in Serbien – ohne Zustimmung Serbiens wird es keine Stabilität geben.
Im Nahen Osten liegt der Schlüssel zum Weltfrieden. Die Konflikte um den Libanon, Syrien und zwischen Israel und Palästina müssen gemeinsam betrachtet werden. Wenn sich sowohl die Arabische Liga, als auch die USA, die EU, Russland und die UNO in den Friedensprozess einbringen, sind gute Voraussetzungen für Fortschritte gegeben. Israel hat ein Recht auf Sicherheit, aber Palästina hat auch ein Recht auf Dignität!

In einer nervösen Welt muss Außenpolitik zur Beruhigung beitragen.

Eva-Maria Marginter: Der ORF vor und nach den Wahlen

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Zusammenfassung

Der Club2 war eine Sendung, die den öffentlich-rechtlichen Auftrag in vieler Hinsicht vorbildlich erfüllt hat. Das Ende dieser Sendung 1994 war nicht nur den Veränderungen der Medienwelt, sondern auch der zunehmenden Missachtung eines lebendigen Demokratieverständnisses zuzuschreiben. In der Kulturredaktion des ORF waren noch in den 1990er Jahren die Qualitätsansprüche hoch: anspruchsvolle, auch spröde Themen wurden behandelt.

Seitdem hat sich der ORF immer mehr an die Fernsehkonsumenten angebiedert. Kritik von innen wie von außen wurde zunehmend abgewehrt.

Deshalb wurde 2004 die Medienplattform „Der FreiRaum“ gegründet, ein Forum für alle, denen die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Österreich und in Europa ein Anliegen ist: 2006 erschien das Buch „Der Auftrag. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk. Positionen-Perspektiven-Plädoyers.“ und auch die Internet-Aktion sos.orf.at geht auf einen Beschluss des „FreiRaums“ zurück.

Die ORF-Wahl 2006 ließ manche bloß eine Vervielfältigung der Parteieinflüsse befürchten. Tatsächlich sind bisher einige versprochene Veränderungen nicht erfüllt worden – so z. B. eine Frauenquote für Entscheidungspositionen, Unterstützung für „FreiRaum“-Aktivitäten oder bestimmte Strukturreformen. Die kommende Programmänderung wird zeigen, wie der ORF seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag heute wahrnimmt.

„Der FreiRaum“ wird, wie bisher, ein unterstützender und kritischer Beobachter bleiben.

Dr. Susanne Scholl: Medien in Russland

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Zusammenfassung

Unabhängige und kritische Medien haben in Russland keine Tradition. Während der Sowjet-Zeit war der Journalismus handwerklich gut, aber inhaltlich sehr eingeschränkt. Mit der Öffnung 1985 wurden die Medien freier, eine Vielzahl von Meinungen und Kommentaren war plötzlich erlaubt, aber die objektive Berichterstattung kam dabei zu kurz.

Seit dem ersten Tschetschenienkrieg und besonders unter Putin wurde die Medien¬freiheit wieder eingeschränkt. Heute bringt das staatliche Fernsehen nur zu weniger wichtigen Themen kritische Beiträge, nicht aber bei zentralen Problemen, wie dem Tsche¬tschenien-konflikt. Erwünscht ist in allen Medien nur eine inhaltlich abgestimmte, kontrollierte Berichterstattung. Auch ausländische JournalistInnen haben weniger Spielraum, es bestehen wieder ‚verbotene Zonen’, z.B. der Kaukasus. Der Mord an Anna Politkowskaja hat gezeigt, wie gefährlich die Arbeit unabhängiger kritischer JournalistInnen in Russland heute ist.

Die Hoffnung auf gesellschaftliche Veränderung ist durch Angst und Terror in den letzten Jahren gesunken, Änderungen sind nur im Verlauf mehrerer Generationen zu erwarten.

Dr. Ilse Brandner-Radinger: Medienkonzentration

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Die Medienkonzentration ist in Österreich außergewöhnlich hoch, am Printsektor sogar weltweit einzigartig! Mit der marktbeherrschenden Stellung einiger weniger Unternehmen sind gesellschafts- und demokratiepolitische Risiken verbunden: Menschen orientieren sich an der öffentlichen Meinung, Mehrheitsmeinungen werden dadurch stärker. Deshalb ist die Meinungsvielfalt von Veröffentlichungen wichtig.
Die Medienkonzentration in Österreich ist ein Ergebnis verfehlter Medienpolitik. Gesetzliche Regelungen wurden zu spät erlassen und bestehende Rechte nicht konsequent genug umgesetzt, zum Beispiel bei den Einkäufen der Mediaprint – Stichwort ‚Formil’-Fusion.

Zur Mediaprint, dem größten Printmedienunternehmen Österreichs, gehören u. a. ‚Kronen Zeitung’ und ‚Kurier’, ‚Profil’, ‚News’, ‚Format’ und zahlreiche andere Magazine.

Das zweitgrößte Printmedienunternehmen ist Styria, mit den Tageszeitungen ‚Kleine Zeitung’, ‚Die Presse’ und ‚Wirtschaftsblatt’, dazu Wochen- und Monatszeitschriften und Rundfunkbeteiligungen. Styria ist zunehmen auch in Kroatien und Slowenien aktiv.

Der größte Medienbetrieb Österreichs ist der ORF, sein Umsatz beträgt nahezu das Doppelte vom Mediaprint-Umsatz.

Mag. Katinka Nowotny: Medien in den USA

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Die US-Medien haben sich in den letzten Jahrzehnten sehr verändert: Nach der Abschaffung der ‚Fairness Doctrine’ 1987 hat der Parteienjournalismus zugenommen, vor allem rechte Medien wie Fox-News stellen Ansichten statt Nachrichten in den Mittelpunkt. Dazu kam nach den Anschlägen vom 11. September 2001 die generelle Kriegsstimmung in den USA, kritische Berichterstattung galt als unpatriotisch. Seit dem Hurrikan Katrina und Korruptionsskandalen der Regierung hat jedoch eine Kurskorrektur eingesetzt.

Viele aktuelle Trends der US-Medien sind Folgen der digitalen Revolution: die Zeitungen spüren die Konkurrenz des Internet sehr stark, die Auflagen sinken, Arbeitsplätze von Journalisten gehen verloren. Es gibt immer mehr ‚Bürgerjournalisten’: Blogs, Bilder und Fernsehbeiträge, die im Internet veröffentlicht werden. Europa profitiert noch vom Konzept des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und hat mit Arte und BBC auch erfolgreiche Beispiele vorzuweisen. Gefragt ist eine Strategie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im 21. Jahrhundert.

Dr. Astrid Zimmermann: ‚Fellnerismus’

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Zusammenfassung

Der österreichische Printmedienmarkt ist sehr konzentriert und durch gemeinsame Eigentümer verflochten.
Die Projekte der Brüder Fellner haben den Markt immer wieder stark beeinflusst, für ihre Art von Publizistik hat Armin Thurnher den Begriff ‚Fellnerismus’ kreiert: Der kommerzielle Erfolg steht über allem. Das führt zur besonderen Rücksichtnahme auf die Wünsche der Inserenten und zum Vermischen von Marketing und Journalismus, die Grenze zwischen Kommerz, Information und Unterhaltung verschwimmt. Die Berichterstattung des ‚Fellnerismus’ personalisiert und dramatisiert jedes Geschehen.

Das Medienhaus Wien arbeitet an einer Studie, die den Eintritt der neuen Fellner-Tageszeitung ‚Österreich’ in den heimischen Printmedienmarkt untersucht.

Dr. Rubina Möhring: Pressefreiheit und Medienvielfalt seit nine/eleven

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Zusammenfassung

Reporter ohne Grenzen ist eine unabhängige Menschenrechtsorganisation, die sich international für die Pressefreiheit einsetzt und verfolgte JournalistInnen unterstützt. Einige Entwicklungen der letzten Jahren wirken sich negativ auf die Pressefreiheit aus:

Seit den Terroranschlägen vom 11. September 2006 wird Pressefreiheit mit dem Sicherheitsbedürfnis abgewogen, nicht nur in den USA, sondern auch in Europa ist der Hand-lungsspielraum von JournalistInnen kleiner geworden.
Veränderungen am Medienmarkt beeinflussen den Journalismus. Eine sehr einheitliche Eigentümerstruktur, wie z. B: bei den österreichischen Printmedien, schränkt die Meinungs-vielfalt ein.

In der Kriegsberichterstattung ist das persönliche Risiko von JournalistInnen größer geworden (z. B. durch Geiselnahmen), dadurch gibt es weniger unabhängige Informationen aus Krisengebieten und eine differenzierte Berichterstattung wird schwieriger. Wenn Informationen nicht oder nur verzögert bekannt werden, wie dies z. B. im Irak-Krieg geschehen ist, dann bringt das den Journalismus insgesamt in Misskredit.

Reporter ohne Grenzen setzt sich für Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt ein.